Blogserie: UNTERNEHMER-TALK – Spedition, Fahrschule, Truckwash
Nachfolgeprozess in Westfälischem Familien-Unternehmen
Julia Laakmann, Gesellschafterin und Prokuristin der Giesker & Laakmann GmbH & Co. KG ist die Referentin des Unternehmer-Talks. Ihr Steckenpferd ist die Kommunikation mit den Menschen, das Lernen von anderen. Sie berichtet darüber: Wie uns externe Unterstützung im Nachfolgeprozess in unserem Unternehmen geholfen hat. Und welche Wirkungen daraus weiterhin die Unternehmensentwicklung unterstützen.
Unternehmensnachfolge in der Giesker & Laakmann GmbH & Co. KG in Nottuln / Westfalen – Spedition, Fahrschule und Truckwash, mit sechs Gesellschaftern.
Julia Laakmann ist 26 Jahre jung und seit zwei Jahren operativ im Unternehmen tätig. Ihre Studien hat sie mit einem Bachelor (Wirtschaftsethik) und einem Master (Innovation) abgeschlossen. In Heilbronn, Lissabon und Togo war sie in Praktika eingebunden. Nach ihrem viermonatigen Aufenthalt bei der Telekom ist ihr klar, dass ein Konzern nicht ihr Thema ist. Im elterlichen Unternehmen fühlt sie sich gut angekommen.
Von der Gründung bis zur Nachfolge
Das Unternehmen wurde 1933 von Bernhard Giesker gegründet. 1966 trat Hugo Laakmann bei. Die Söhne Bernd und Hubert Laakmann übernehmen 1999 die Geschäftsführung. Durch den frühen Tod von Bernd Laakmann (2017) werden seine drei Kinder aus der Erbfolge Gesellschafter. Kurze Zeit später nimmt auch Hubert Laakmann seine beiden Kinder als Gesellschafter auf. So wird vorerst ein Gleichgewicht zwischen den Gesellschafterfamilien geschaffen. Es stellt sich jetzt die Frage der nun sechs Gesellschafter wie es weitergehen soll.
Der Impuls
Am Wittener Institut für Familienunternehmen (WiFU, Universität Witten/Herdecke) erfährt sie von Unterstützungsmöglichkeiten in Nachfolgesituationen. Sie überzeugt ihren Vater Hubert Laakmann, Geschäftsführer des Unternehmens, diese wahrzunehmen. Für die 6 Familienmitglieder folgen 2 Jahre Coaching und Mentoring.
Fragen
– Wie passen wir in der Arbeit zusammen?
– Können wir später als Geschäftsführer miteinander auskommen?
Fachlich können die Gesellschafter alles zum Unternehmen lernen. Sie sind sehr emotional. Sie kennen keinen Ablauf wie sie zusammen kommen können. Sie kennen sich aus Familientreffen, nicht aber von der Zusammenarbeit im Unternehmen.
Die Fragen der „fremden Menschen“ sind sehr wertvoll. Es ist wichtig an einem Tisch zu sitzen und sich gegenseitig über Erwartungen auszutauschen. Zur Klärung gibt es über zwei bis drei Monate Eins-zu-eins-Gespräche.
Erkenntnisse und Veränderungen
Nicht alle wollen eine Führungsrolle im Unternehmen
Die Kinder von Bernd, Kathrin und Bernd, merken, dass eine Aufgabe in der Spedition nicht ihr Thema ist.
– Kathrin entscheidet sich in einer Steuerkanzlei zu gehen. Sie bearbeitet dort heute die Lohnbuchhaltung.
– Bernd entscheidet sich einen Bauernhof zu kaufen. Er wird Landwirt.
Mitarbeiter und befreundete Unternehmer
Auch die Mitarbeiter haben hohe Erwartungen in den Nachfolgeprozess. Durch die Entwicklung aus der Unterstützung des Wittener Instituts finden die Gesellschafter einen Weg damit umzugehen. Sie holen sich auch heute noch Unterstützung z. B. bei befreundeten, älteren Unternehmern. Von ihnen bekommen sie Ratschläge wie sie mit schwierigen Situationen umgehen können.
Die neue Rolle
Die neue Rolle als Chefin musste Julia Laakmann erst kennen lernen. Auch die Mitarbeiter mussten sie so erst kennen lernen. Das funktioniert mittlerweile gut.
Das Verhältnis zum Vater
Er schaut mit seiner Erfahrung auf das Unternehmen. Der Unterschied in den Generationen liegt zum Beispiel in der Innovationskraft der Nachfolger. Die Aktivitäten auf Facebook hält der Vater für nicht notwendig da es genug Aufträge gibt. Die Nachfolger wollen aber das Unternehmen weiter öffnen. Sie wollen ihre Wertevorstellungen darstellen. Sie erstellen Videos auf You Tube und Kampagnen um neue Mitarbeiter zu finden. Sie suchen Menschen die bei ihnen arbeiten wollen, die zum Unternehmen passen. Zwischenzeitlich gibt es eine Marketingabteilung mit zwei Mitarbeitern. „Wir wollen Innovationstreiber sein.“
Gemeinsame Ziele finden
Es geht nicht, wenn vier Gesellschafter in vier verschiedene Richtungen ziehen. Es sind regelmäßige Gespräche notwendig um ein gemeinsames Ziel zu verfolgen. Dazu kommen die unterschiedlichen Charaktere der Beteiligten. Es sind sehr emotionale Gespräche die viel Kraft kosten.
Fragen aus dem Kreis der Zuhörer – mit Antworten
Thorsten Klinkner: Was war der Impuls Berater von außen anzusprechen?
Julia Laakmann: Ich habe das WIFU über ein Projekt kennen gelernt. In Gesprächen dort und mit anderen Unternehmern habe ich erkannt, dass wir uns intensiver mit der Familiennachfolge beschäftigen müssen. Es war nicht so einfach meinen Vater davon zu überzeugen. Gerade die ältere Generation lässt sich nicht gerne „in die Karten schauen“. Man will nicht alles offen legen. Insbesondere dann nicht, wenn unschöne Themen damit verbunden sind. Ich konnte meinen Vater überzeugen, dass dies in allen Unternehmen so ist. Bis wir Klarheit hatten dauerte es ca. vier Jahre. Am WIFU hatten wir dazu drei bis vier Termine im Jahr. Weitere Unterstützung holten wir uns bei einer Beraterin aus Bremen.
Ludwig Eickelpasch: Viele Unternehmer wollen keine Berater hinzuziehen. Sie wurschteln vor sich hin, kommen zu schlechten Lösungen und das Unternehmen leidet unter Streitigkeiten. Wann ist da eine Grenze erreicht?
Julia Laakmann: Wenn der Schmerz groß genug ist, sind die „Altunternehmer“ bereit. Bei uns haben wir die „Jungen“, die „Alten“ angeschoben.
Thorsten Klinkner: Es gibt heute bei Ihnen vier aktive und zwei passive Gesellschafter. Können sie sich gut gegeneinander abgrenzen?
Julia Laakmann: Diese Situation haben wir jetzt seit 1,5 Jahren. Die passiven Gesellschafter mischen sich nicht in das operative Geschäft. Sie akzeptieren die Situation, weil wir alles vorab gut miteinander abgesprochen haben. Die Cousine Kathrin ist über ihre Arbeit in der Lohnbuchhaltung der Steuerberatungsgesellschaft weiterhin mit dem Unternehmen verbunden. Sie kann uns so von außen gut unterstützen.
Ludwig Eickelpasch: Mit dem Impuls zur Begleitung der Nachfolge haben sie nicht nur die Gestaltung des Nachfolgeprozesses angeschoben. Sie haben auch die Grundlage für eine erfolgreiche Unternehmensentwicklung gelegt.
– Die Beteiligten sind sich ihrer zukünftigen Rolle bewusst.
– Im Unternehmen werden neue Wege beschritten wie z. B. die Öffnung nach außen und die Einrichtung der Marketingabteilung.
Was hat sich sonst noch verändert?
Julia Laakmann: Wir haben ein anderes Bewusstsein in der Zusammenarbeit mit den Mitarbeitern. Aufgrund der Nachfolgesituation sind Mitarbeiter ausgeschieden. Bei der Suche neuer Mitarbeiter liegt jetzt der Fokus auf der Frage „Passt sie oder er zu uns?“
Tim Richter: In Unternehmensnachfolgen ist es nicht ungewöhnlich, wenn Mitarbeiter das Unternehmen verlassen. Wird auch in „privater“ Zeit über Unternehmensfragen gesprochen?
Julia Laakmann: Wir sind im Alltag sehr in das operative Geschäft eingebunden. So bleibt da für manche Themen keine Zeit. Neben dem Unternehmen brauchen wir aber auch Zeit für private Interessen. Das hat mein Vater noch anders gesehen. Seine Haltung war da 24/7. Ich bin der Meinung 24/5 reicht auch. Das hat er zwischenzeitlich akzeptiert.
Christian Kleeberg: Vor 20 Jahren habe ich erlebt, dass abgebende Unternehmer 65 Jahre und älter waren. Die von ihnen beschriebene Offenheit wäre damals nicht möglich gewesen. Heute sind diese Unternehmer meist 50 bis 55 Jahre alt. Ihnen ist bewusst, dass sie für den Nachfolgeprozess Hilfe in Anspruch nehmen müssen. Sie sind dann auch bereit sich zu öffnen.
Ludwig Eickelpasch: Heutige Nachfolgeinteressenten haben, gegenüber den abgebenden Unternehmern, teilweise ganz andere Lebensbilder. Dies gilt im Übrigen auch für die Führungskräfte. Die abgebenden Unternehmer müssen, trotz ihrer Bedenken, loslassen.
Thorsten Klinkner: Ist im aktuellen Gesellschaftsvertrag auch eine Regelung hinsichtlich eines Ehevertrages getroffen worden?
Das wäre dann ja ein eindeutiges Bekenntnis zum Familienunternehmen.
Julia Laakmann: Im Gesellschaftsvertrag ist geregelt, dass ein Ehevertrag geschlossen werden muss. Wenn Gesellschaftsanteile verkauft werden, haben die Familienmitglieder immer ein Vorkaufsrecht. Für unsere Kinder, die noch nicht geboren sind, wollten wir eine einfachere Situation schaffen als wir sie durch den frühen Tod unseres Onkels erfahren haben. In der Vergangenheit hatten mein Vater und mein Onkel klar abgegrenzte Entscheidungsbereiche. Das hat gut funktioniert. Unsere heutige Situation mit vier aktiven Gesellschaftern ist da schon anspruchsvoller. Wir wollen uns persönlich nicht einengen lassen. Trotzdem ist es uns wichtig, dass das Unternehmen als Familienunternehmen erhalten bleibt. Auch unsere unterschiedlichen Lebensvorstellungen und Emotionen müssen berücksichtigt sein.
Simone Müller-Gerbig: Welche Fähigkeiten sollte jemand mitbringen, der ein Unternehmen kaufen will?
Julia Laakmann: Das habe ich mich in meiner Entscheidungssituation auch gefragt. Sie oder er sollte die Haltung haben die Probleme, die jeden Tag auftreten, lösen zu wollen, sie mit Optimismus anzugehen. Darüber hinaus ist eine dauerhafte Lernbereitschaft, Neugierde und Freude bei der Arbeit unerlässlich. Und dann sollte man keine Angst vor Entscheidungen haben, sondern einfach MACHEN.
Simone Müller-Gerbig: Können Sie als Tochter ihre Meinung gegenüber Ihrem Vater äußern?
Julia Laakmann: Das war und ist für mich eine große Herausforderung. Im Unternehmen nenne ich meinen Vater Hubert. Da ist er für alle der Geschäftsführer, für mich eben auch. Das ist schon komisch, klärt aber auch die Situation und hilft die Distanz zu wahren. Ich will ihn dann nicht als Tochter ansprechen. Auch bei unseren Gesprächen in der Familie machen wir uns klar, wann wir als Gesellschafter und wann wir als Vater-Tochter miteinander sprechen.
Stefan Laakmann (Bruder): Es ist ein Unterschied, ob man als Mitarbeiter oder als Familienmitglied zusammen arbeitet. Einem Mitarbeiter kann man aus dem Weg gehen, einem Familienmitglied nicht.
Sahra Laakmann (Cousine): Für viele Entwicklungen braucht man Geduld. Man darf das Ziel nicht aus den Augen verlieren.
Julia Laakmann: In jeder Familie gibt es Stress. Bei mir wird er durch die enge Zusammenarbeit eher größer. Da ist jeder mal genervt.
Thorsten Klinkner: Nach meinen Erfahrungen ist ein guter Umgang mit Stress die Stärke in einem Familienunternehmen.
Ludwig Eickelpasch: Stress fördert in Familienunternehmen meist die Entwicklung. Es kommt allerdings dabei auf die Haltung an, also wie man sich begegnet.
Julia Laakmann: Wut und Aggression ist aber auch die Energie, die einen weiter bringt.
Thorsten Klinkner: Der Erfolg in ihrer Familiennachfolge gibt ihnen Recht. Das Erfolgsgeheimnis ist es auch unangenehme Fragen zu stellen und zu regeln. Dazu ist es notwendig sich gemeinsam darüber klar zu werden:
– Was sind die Familienwerte?
– Was ist die persönliche Überzeugung?
– Wer ist beteiligt?
Die Ergebnisse sollte man in klare Regelungen fassen. Dann muss man sich trauen.
Danke – an die Referentin
Wir danken Frau Laakmann herzlich für die Teilnahme am UNTERNEHMER-TALK und die offene und interessante Darstellung der Entwicklungsschritte im Nachfolgeprozess und in der aktuellen Unternehmenssituation.
Sie hat uns gezeigt, welche Vielfalt an Verbindungen und Bewegungen es in einem Familienunternehmens gibt und wie viele Versuche, Gespräche und Wege notwendig sind um darin Veränderungen zu bewirken.
Die sehr intensive Zusammenarbeit der Familienmitglieder hat Grundlagen für eine erfolgreiche Unternehmensentwicklung gelegt. Es konnten alte Strukturen in neue, zukunftsweisende Entwicklungen geführt werden. Dies betrifft sowohl Funktionsbereiche wie z. B. das Marketing und auch persönliche Entwicklungen z. B. von 24/7 zu 24/5.
Die sehr unterschiedlichen Lebensbilder der abgebenden und der nachfolgenden Generation sind ebenfalls in die Unternehmensentwicklung eingebettet worden.
Die Ausführungen zeigen, dass diese erfolgreichen Veränderungen nur durch die Unterstützung und Begleitung verschiedener externer, erfahrener Fachberater möglich sind.
Veranstalter
Thorsten Klinkner – Spezialist für die Einrichtung von Stiftungen in Familienunternehmen (Steuerberater und Rechtsanwalt), Gründer und Inhaber der UNTERNEHMERKOMPOSITIONEN GmbH in Meerbusch
Ludwig Eickelpasch – Spezialist zum Führen in Veränderungsprozessen (Diplomkaufmann), Gründer und Inhaber von initiative+entwicklung in Eschwege
Johanna Görgemanns – verantwortlich für die interdisziplinäre Projektzusammenarbeit in der UNTERNEHMERKOMPOSITIONEN GmbH
ZIEL DES UNTERNEHMER-TALKS
Mittelständische Unternehmer berichten aus ihrer Praxis über Schwierigkeiten, Herausforderung und Erfolge in ihrer Unternehmensnachfolge. Diese Erzählungen stehen in keinen Lehrbüchern und in keinen Unternehmensberichten. Alle Teilnehmer erhalten praktische Tipps für ihre eigenen Führungsaufgaben. Es entstehen neue Verbindungen zwischen den Menschen.
Der UNTERNEHMER-TALK ist ein geschützter Raum. Es erfolgen keine Aufzeichnungen. Namentliche Veröffentlichungen erfolgen nur mit Zustimmung der Beteiligten.
Weitere Rückblicke finden Sie in den Stifterbriefen der UNTERNEHMERKOMPOSITIONEN und im Blog von initiative+entwicklung https://www.initiative-entwicklung.de/blog/
Herzlichen Dank an alle Beteiligten für den virtuellen Austausch im Online-Unternehmer-Talk,
Autor: Ludwig Eickelpasch.