Blogserie: UNTERNEHMER-TALK – ENERGIEANLAGENBAU
Nachfolgeprozess in zwei Thüringer Familien-Unternehmen
Gregor Weidner, einer der geschäftsführenden Gesellschafter der WEGRA Anlagenbau GmbH und der EAB Energieanlagenbau GmbH ist der Referent des Unternehmer-Talks.
Unternehmensnachfolge in der WEGRA Anlagenbau GmbH in Westenfeld / Thüringen – Schlüsselfertiger Komplettbau, Stahlbau, Elektroninstallation, Heizung- und Lüftungstechnik, Sanitär- und Klimatechnik, Landtechnik, Service. EAW Energieanlagenbau GmbH in Römhild / Thüringen – Blockheizkraftwerke, Absorptionskälte, Kopplung BHKW_AKM.
Die Ursprünge der Unternehmen liegen in den Reparatur- und Maschinenausleihstationen der Landwirtschaft der 1950er Jahren in der DDR. In den 1970er Jahren erfolgte die Spezialisierung auf Technik in Innenbereichen landwirtschaftlicher Gebäude. Es wurden z. B. Getreidesilos, Kartoffelsortieranlagen, Milchviehanlagen, Weidemelkstände u. ä. konstruiert und gebaut. Es waren 240 Menschen im Unternehmen tätig.
Nach der Wende wurde das Unternehmen von drei Gesellschaftern als MBO von der Treuhand gekauft. Alle Mitarbeiter wurden mit den bestehenden Arbeitsverträgen übernommen. Dies führte zu einem starken Zusammenhalt der gesamten Belegschaft.
Zwei Gesellschafter aus Hessen kamen dazu und halfen bei der Öffnung zu Kunden in Richtung Westen.
Die Kernkompetenz des Unternehmens besteht heute aus fünf Fachzentren: Metallbau, Elektrobau, Heizungs- und Lüftungsbau, Energietechnik, Landwirtschaft. Diese Fachzentren, vergleichbar mit großen Handwerksbetrieben, sind alle in der Handwerksrolle eingetragen, arbeiten auf meisterlichem Niveau und bieten Ausbildungen für fünf Gruppen: Auszubildende, Gesellen, Meister, Bachelor und Ingenieure.
Die Besonderheit in den Unternehmen liegt im Verbund der Zusammenarbeit der Menschen, über die Grenzen der Fachzentren hinweg. Die Mitarbeiterzahl schwankt zwischen 130 und 150. Der Jahresumsatz liegt knapp unter 20 Mio. EUR. Es besteht eine sehr hohe und dauerhafte Kundenbindung.
Erkenntnisse und Veränderungen aus der ersten Unternehmensnachfolge – Beispiele
Loslassen – Klarheit unterstützt den Erfolg der Nachfolgesituation
Die abgebenden Gesellschafter haben den Nachfolgern Freiräume eingeräumt. Sie konnten sich „ausprobieren“, und haben so auch Misserfolge durch ihren Entscheidungen erfahren. Dieses Spüren der eigenen Fehlentscheidungen waren für die Nachfolger wichtige Erfahrungen. Sie haben so aus dem Erlebten gelernt.
Unklarheit – Nachträglichen Korrekturen waren erforderlich
Durch den Abbau der Führungsebene zwischen den Fachzentrenleitern und der Geschäftsleitung haben die Nachfolger Spannungen in Leitungsebenen beseitigt. Diese Situation ist heute zwar besser als die bisherige, aber noch immer nicht zufrieden stellend.
Die Nachfolger haben die Beratungsverträge mit den Altgesellschaftern nach 10 Jahren gekündigt. Das „Klugreden“ bzw. „Hineinreden“ der Altgesellschafter in den operativen Bereich war damit beendet.
Die Verbindung der Altgesellschafter durch kleine Minderheitsbeteiligungen hatten keine positive Auswirkungen auf die Unternehmensentwicklung.
Vorstellungen für die aktuell bevorstehende Unternehmensnachfolge
Aus seinen Erfahrungen ist Herrn Weidner wichtig: klare Regelungen, Verantwortung und Verbindlichkeit für die Nachfolger, alle Beteiligten müssen IMMER im Gespräch bleiben.
Aufgrund seiner eigenen Erfahrungen, zum Kennenlernen von Verantwortung, wird er den Nachfolgern freie Entscheidungen einräumen. Das Erleben und der Umgang mit möglichen Misserfolgen hält er für wichtige Lernergebnisse.
Beteiligte im Nachfolgeprozess sind für ihn:
– die Altgesellschafter und deren Familien
– die Nachfolger und deren Familien
– die Mitarbeiter und deren Familien
Jeder der Beteiligten muss Klarheit haben über:
– die Vorstellungen der anderen
– seine Pflichten als Nachfolger
– seine Rechte als Nachfolger.
Die hoch sensible Reaktion der Mitarbeiter auf Spannungen in den Gesellschafterfamilien und damit auch im Unternehmen muss aufgrund seiner Erfahrungen sehr deutlich berücksichtigt werden.
Das vollständige Loslassen und die Abgabe aller Rechte und Einflussnahmen durch die Altgesellschafter gibt den Nachfolgern die beste Basis für die Unternehmensfortführung.
Fragen von Herr Weidner
Wie kann der Nachfolgeprozesses offen gestaltet werden unter Einbindung der Interessen der Altgesellschafter, der Nachfolger, der Mitarbeiter?
Welche Vereinbarungen im operativen und im Vermögensbereich sind dann zu treffen? Gibt es dazu Hinweise aus dem Kreis der Zuhörer?
Hinweise aus dem Kreis der Zuhörer
Thorsten Klinkner
In seinen Begleitungen hat er die von Herrn Weidner angesprochene Klarheit als eine der wichtigsten Grundlagen für die erfolgreiche Nachfolge und Unternehmensfortführung erfahren.
Es ist zu beachten, dass der Übergang des operativen und des Vermögensbereichs zwei eigenständige Elemente sind. Sie bedürfen unterschiedlicher Regelungen, die dann aber wieder aufeinander abgestimmt sein müssen.
Im Umgang mit dem Unternehmensvermögen:
– bestehen bei Familienmitgliedern oft sehr unterschiedliche Vorstellungen und Ansichten. Dies betrifft nicht nur die im Unternehmen tätigen, sondern alle Familienmitglieder.
– sind verschiedene steuerliche Gestaltungsmöglichkeiten zu berücksichtigen
– sollten erbrechtliche Fragen einbezogen werden.
Zu all diesen Fragen stellt Herr Klinkner seine langjährigen und vielfältigen Erfahrungen in der Errichtung von Familienstiftungen zur Verfügung.
Ludwig Eickelpasch
Aufgrund seiner Erfahrungen aus der Nachfolgebegleitung ist die von Herrn Weidner angesprochene Klärung, insbesondere im Hinblick auf die Langfristigkeit, eine unabdingbare Voraussetzung. Hier ist eine gründliche Vorbereitung notwendig, die oft viel Zeit in Anspruch nimmt.
Macht- oder Vermögensansprüche sowie Führungsfragen, die nicht offen geklärt werden, führen zu einem kranken sozialen Klima, das den operativen Bereich des Unternehmens sehr belastet. Er erlebt wie diese Situation nach sehr kurzer Zeit im Finanziellen zu spüren ist. Die Gewinne schrumpfen oder es treten sogar Verluste auf. Die Folgen sind im Rahmen der Unternehmensnachfolge nur mit sehr hohem Kraft- und Finanzaufwand zu beheben.
Er empfiehlt daher zu fragen, welche Unterstützung die Nachfolger in der Entwicklung der eigenen Führungsqualitäten und der Strukturierung des operativen Bereichs in Anspruch nehmen wollen. Einige Punkte dazu sind in den vorangegangenen Schilderungen von Herrn Weidner angesprochen worden.
Sven Lindig
Er hat die Unternehmensnachfolge ebenfalls in der Familie erlebt. Das Kennenlernen von Verantwortung durch eigene, freie Entscheidungsmöglichkeiten und damit verbundene Misserfolge waren für ihn ebenfalls ein wichtiger Lernschritt.
Detlev Schmidt-Schoele
Er bestätigt, dass in Familiennachfolgen Probleme gerne unter dem Teppich gehalten werden, bis es dann doch zur Explosion kommt. In Gesprächen mit Unternehmerkollegen, mit denen man vertrauensvoll Fragen aus dem eigenen Nachfolgeprozess besprechen kann, sieht er eine wertvolle Unterstützung.
Wir danken Herrn Weidner herzlich für die Teilnahme am UNTERNEHMER-TALK und die offene und interessante Darstellung der aktuellen Unternehmenssituation. Es war für alle Beteiligten wertvoll zu erfahren, welche notwendigen Veränderungen er aus den Lernmomenten seiner eigenen Nachfolgerposition an die nächste Generation weitergeben möchte.
Referent
Dipl.-Ing. Gregor Weidner – einer der drei geschäftsführenden Gesellschafter der WEGRA Anlagenbau GmbH und der EAB Energieanlagenbau GmbH. Sein Steckenpferd ist die Kommunikation mit den Menschen – in den Unternehmen, mit Kunden, mit Unternehmerkollegen, mit Marktbegleitern. Aus dem Erfahrungsaustausch hat er für seine vielfältigen Unternehmeraufgaben immer viele Ideen und Lösungsmöglichkeiten gewonnen.
Zuhörer – Tippgeber
Sven Lindig – Geschäftsführender Gesellschafter der Lindig Fördertechnik GmbH Krauthaus, Erfurt, Kaufungen
Detlev Schmidt-Schoele – Projektleiter ThEx-Nachfolgelotsen Thüringen
Veranstalter – Zuhörer – Tippgeber
Thorsten Klinkner – Spezialist für die Einrichtung von Stiftungen in Familienunternehmen (Steuerberater und Rechtsanwalt), Gründer und Inhaber der UNTERNEHMERKOMPOSITIONEN GmbH in Meerbusch
Ludwig Eickelpasch – Spezialist für die Gestaltung und Führung von Nachfolgeprozessen und der ganzheitlichen Begleitung von Unternehmerinnen und Unternehmern (Diplomkaufmann), Gründer und Inhaber von initiative+entwicklung in Eschwege
Johanna Görgemanns – Verantwortung für interdisziplinäre Projektzusammenarbeit in der UNTERNEHMERKOMPOSITIONEN GmbH
ZIEL DES UNTERNEHMER-TALKS
Mittelständische Unternehmer berichten aus ihrer Praxis über Schwierigkeiten, Herausforderung und Erfolge in ihrer Unternehmensnachfolge. Diese Erzählungen stehen in keinen Lehrbüchern und in keinen Unternehmensberichten. Alle Teilnehmer erhalten praktische Tipps für ihre eigenen Führungsaufgaben. Es entstehen neue Verbindungen zwischen Unternehmern.
Der UNTERNEHMER-TALK ist ein geschützter Raum. Es erfolgen keine Aufzeichnungen. Namentliche Veröffentlichungen erfolgen nur mit Zustimmung der Beteiligten.
Der nächste UNTERNEHMER-TALK findet statt, am 4. Februar 2022, 11:00 Uhr. Sollten Sie Fragen rund um die Unternehmensnachfolge haben begrüßen wir Sie gerne als Referentin oder Referent. Sie lernen neue Unternehmerkollegen kennen und erhalten von ihnen wertvolle Hinweise für Ihre Praxis.
Weitere Rückblicke finden Sie in den Stifterbriefen der UNTERNEHMERKOMPOSITIONEN und im Blog von initiative+entwicklung https://www.initiative-entwicklung.de/blog/
Herzlichen Dank an alle Beteiligten für den virtuellen Austausch im Online-Unternehmer-Talk. Dieser findet immer am ersten Freitag im Monat statt. Unternehmer berichten über Erfahrungen aus ihrem Nachfolgeprozess. Es sind immer lebendige Begegnungen mit interessanten Tipps und Anregungen. – Melden Sie sich schon jetzt an für den nächsten Online-Termin: Anmeldung nächster Online-Unternehmer-Talk