Rückblick 3.9.2021 Online Unternehmer-Talk

Rückblick zum UNTERNEHMER-TALK – 3.9.2021

Kategorien: Unternehmer-Talk
18. September 2021

Blogserie: UNTERNEHMER-TALK – KUNST-AUKTIONSHAUS

Familiennachfolge problemlosUnternehmensentwicklung erfolgreichMitarbeiterführung mit großen Schwierigkeiten

Markus Eisenbeis hat das Kölner Kunstauktionshaus VAN HAM im Jahre 1999 von seiner Mutter Carola van Ham übernommen und zu einem international anerkannten Unternehmen entwickelt. Seine Geschichte stammt aus dem Leben. Trotzdem (oder darum) finden Sie diese in keinem Lehrbuch. Wir haben nicht nur etwas über die Entwicklung des Unternehmens und die damit verbundene Nachfolge erfahren. Herr Eisenbeis hat uns auch einen Einblick in die WELT DER KUNST gegeben, den man so nicht jeden Tag erfährt. Das gehört zur Qualität unserer UNTERNEHMER-TALKs. Weitere Rückblicke finden Sie in den Stifterbriefen der UNTERNEHMERKOMPOSITIONEN und im Blog von initiative+entwicklung https://www.initiative-entwicklung.de/blog/

Gründung und Unternehmensentwicklung

1959 gründet Carola Van Ham das Kunstauktionshaus VAN HAM in der Kölner Innenstadt. Ihre Idee Kunst zu versteigern sowie Sammlungen und Nachlässe aufzulösen erweist sich als ein erfolgreiches Geschäftsmodell. Durch ihre Hochzeit ändert sich der Familienname von van Ham zu van Ham-Eisenbeis. Der Name des Auktionshauses bleibt aber weiterhin VAN HAM. 1968 wird der Sohn Markus in Köln geboren. Mitte der 1970er Jahre siedelt die Familie nach Kassel um. Für die Mutter beginnen viele Jahre des Pendelns zwischen Kassel und Köln. Drei bis vier Tage pro Woche ist sie in ihrem Kunstauktionshaus.

Mittlerweile sind im Unternehmen 15 Mitarbeiter beschäftigt. Das Geschäft ist weiterhin sehr personenfixiert. Zu Ihrer Entlastung stellt Frau Eisenbeis einen Fremdgeschäftsführer ein. Die Zusammenarbeit ist nicht so erfolgreich wie erhofft. Das Geschäft verläuft schlechter Nach 1,5 Jahren entlässt sie den Geschäftsführer. Sie muss sich wieder stärker selbst engagieren.

Die Entwicklung des Nachfolgers

Markus Eisenbeis ist Einzelkind. Zu seiner Unternehmensnachfolge haben die Eltern nie Druck aufgebaut. Das Thema stand aber immer unausgesprochen im Raum. Mit seiner Banklehre wollte Markus Eisenbeis kaufmännische Kenntnisse für eine mögliche Nachfolge bei VAN HAM kennen lernen. Aufgrund seiner Erfahrungen in dieser Zeit wurde ihm klar, dass er das Unternehmen seiner Mutter auf jeden Fall fortführen wollte.

Für die Leitung eines Kunstauktionshauses gibt es auch bis heute keine spezielle Ausbildung. Kenntnisse zum „Umgang mit der Kunst“ hat Markus Eisenbeis in seinem vierjährigen Kunstgeschichte und den praktische Erfahrung bei Auktionshäuser in London und Paris gesammelt. 1995 war er mit diesen Ausbildungen fertig.

Die Umsetzung der Nachfolge

Aufgrund der erwarteten Nachfolge durch den Sohn, ihres fortgeschrittenen Alters und der mittlerweile belastenden Reisesituation zwischen Köln und Kassel hatte die Mutter das Unternehmen auf Schmalspur gefahren. 1995 begann als nächster Schritt die Zusammenarbeit mit der Mutter (69). Er war ihr Assistent. Nach einem Jahr übernahm er 1996 das Unternehmen.

Mit nur wenig Erfahrung und erst 25 Jahren musste er sich sehr schnell freischwimmen. Zur Zeit der Übernahme war das Unternehmen in einem nicht überlebensfähigen Zustand. Es bestand ein großer Reformstau. Markus Eisenbeis beschäftigten mehrere Themenfelder:

  • Werden die Kunden ihn akzeptieren?
  • Wie kann er das Unternehmen entwickeln?
  • Wie wird die Zusammenarbeit mit den Mitarbeitern in seiner Rolle als Nachfolger und in der notwendigen Unternehmensentwicklung funktionieren?

Obwohl er viel jünger war als seine Kunden erhielt er von ihnen eine positive Resonanz. Sie hatten ihn angenommen. Den Reformstau im Unternehmen empfand er nicht als Belastung, sondern als Chance. Er eröffnete ihm viele Entwicklungsmöglichkeiten, die die Mutter in jeder Hinsicht unterstützte.

Auf den Umgang mit den Mitarbeitern und die Wahrnehmung der Führungsrolle war er nicht vorbereitet. Dies empfand er als die größte Herausforderung, die ihn sehr in Anspruch genommen hat. Aus dieser Anfangszeit ist im ein Spruch der Mutter bis heute in Erinnerung geblieben:

„Deine Fehler musst Du selbst machen. Je eher Du sie machst desto günstiger für uns.“ 

Ein Jahr nach der Übernahme hat sich die Mutter vollständig aus dem Unternehmen zurückgezogen.

Veränderungen in Gesellschaftsfragen – Anteilsübertragung

Vor der Unternehmensübernahme firmierte das Kunstauktionshaus als OHG. Mit der Übernahme wechselte Markus Eisenbeis das Unternehmen in eine KG um. Er wurde einziger persönlich haftender Gesellschafter. Alle anderen waren Kommanditisten. Die Mutter hielt 2/3 der Gesellschaftsanteile. Eine Hälfte schenkte sie ihm, die andere erwarb er über ein Rentenmodell. Mit dem Seniorpartner, der die übrigen Gesellschaftsanteile hielt, vereinbarte er eine Exitklausel die dieser auch akzeptierte.

Die Unternehmensentwicklung

Die Veränderungen führten zu einer sehr positiven Entwicklung des Unternehmens. 1999 erfolgte der erste Umzug aus der Kölner Innenstadt in den Stadtteil Bayenthal. Der zweite Umzug erfolgte 2014 in den eigenen, modernen Neubau. Markus Eisenbeis veränderte und ergänzte die Geschäftsfelder und das Auktionsangebot. Heute gehören „Moderne und zeitgenössische Kunst“ genauso dazu wie „Schmuck und Uhren“. Auktionen finden sowohl vor Ort als auch wöchentlich im Internet statt www.van-ham.com

Persönliche Empfindungen

Den Druck aus der Familie zur Fortführung des Kunstauktionshauses hat Markus Eisenbeis als Chance beschrieben. Ihm war immer klar, dass es eine Möglichkeit war und kein MUSS. Dies haben die Eltern auch immer so gesehen. Er musste zwischen Architektur und Kunst, zwischen Selbständigkeit und Angestelltenverhältnis entscheiden.

Während seiner Banklehre hat er das Unternehmerische in sich entdeckt und sich für die Selbständigkeit und die Unternehmensfortführung entschieden. Auch den hohen Entwicklungsstau empfindet er im Rückblick als Chance und nicht als Belastung. So konnte er durch deutliche Veränderungen ein Unternehmen nach seinen Vorstellungen gestalten.

Den Kern des Unternehmens, die DNA, den Gründungsimpuls seiner Mutter sieht er in der Durchführung von Kunstauktionen. Es ist ein Kommissionsgeschäft mit Kunstgegenständen, Nachlässen und Kunstsammlungen. Mit seiner Nachfolge hat Markus Eisenbeis diese DNA trotz aller Entwicklungen und Veränderungen erhalten. Auch Digitalisierungen in der Branche haben das Geschäftsmodell VAN HAM nicht verändert.

So wie auch andere Kunstauktionshäuser hat VAN HAM die Pandemie gut überstanden. Galerien haben dagegen sehr gelitten. Sie konnten keine Kunden empfangen und keine Vernissage machen, die Verkäufe sind erheblich eingebrochen.

Fragen an Herrn Markus Eisenbeis

Dr. Hartmut Reck: Wie wollen Sie weiter wachsen?

Wir haben, neben den klassischen Auktionen, reine online Auktionen so forciert, dass wir in Deutschland darin Marktführer sind. Wir machen jede Woche eine Auktion zu verschiedenen Themen wie z.B. zu Schmuck und Uhren und werden dies immer weiter auffächern. Die Einritts Hemmschwellen halten wir niedrig. Gute Kunst ist bei uns für ein paar Hundert Euro zu kaufen. Dadurch entsteht auch eine Verjüngung unserer Kundschaft. Dazu trägt auch unser Angebot in extrem junger Kunst bei. Es ist auch die Folge großer Auktionen wie der von Achenbach und Rusche mit extrem jungen Künstlern aus der Berliner und Leipziger Szene. Auch mit der Olbricht-Collection mit sehr junger Kunst haben wir viele junge Kunden gefunden.

Es gibt auch neue Bereiche, die wir hier nicht so einfach umsetzen können. Große Auktionshäuser versteigern heute vielfach Artikel aus dem Livestyle-Bereich (Sneakers, Handbags, Baseballkappen usw.) Das lässt sich aber nicht einfach auf Deutschland übertragen da wir hier keine Weltstars haben. Das Thema Memorabilia funktioniert hier nicht.

Wir wollen weiterhin als Innovationtreiber unterwegs sein – dazu gehört auch, dass wir uns um die digitalen Medien und die digitale Kunst kümmern. Dazu gehören NFTs, also die Verbriefung von etwas Digitalem oder von etwas, was digitalisiert wird z.B. Kunst, die am Computer generiert wurde und nur eine digitale Existenz hat. NTFs werden nicht die analoge Kunst ersetzen. Es ist aber einer neuer Markt der Menschen interessiert. Warum soll ich ein Bild an die Wand hängen. Mit einer großartigen Datei kann ich mir Kunst an meinem Computer, auf meine Smartwatch o.ä. in verschiedenen Formen ansehen. Ich muss es nicht versichern, kann es privat vervielfältigen. Diese Kunst ist dann ein Unikat oder nur in nur in einer begrenzten Anzahl von Dateien erhalten. Die Künstlergruppe AESF aus Moskau erstellen nur digitale Kunst. Im Herbst wird VAN HAM das Thema NFTs vorstellen.

Thomas Borchert: Hatten sie einen Mentor da sie sehr jung waren bei der Übernahme?

Ich hatte keinen Mentor. Dies war das Manko bei der Übernahme. Gerne hätte ich ein zwei Jahre Zeit zum Sammeln von Erfahrungen in anderen Unternehmen gehabt. Die Wirkung dieser Lücke ist mir in Führungsfragen sehr deutlich geworden. Bei den Mitarbeitern sind Widerstände aufgetreten, mit denen ich nicht gerechnet habe. Tatsächlich hat mich diese Lücke ca. 15 Jahre gekostet, um in der Branche anerkannt zu sein.

Dem Vorschlag eines Kunden, einen Beirat einzurichten, habe ich zugestimmt. Man sieht sich zweimal im Jahr zu einem offenen Austausch.

Ludwig Eickelpasch: Sie haben einen „Entwicklungssturm“ ausgelöst. Wie haben die Mitarbeitern darauf reagiert?

Dadurch hat sich das Klima in bei den Mitarbeitern verändert. Da meine Mutter nur einige Tage in der Woche im Unternehmen war, haben die Mitarbeiter ihre Arbeit zu einem großen selbständig organisiert. Durch meine Übernahme war ich im Unternehmen immer präsent. Das hat zu einer Veränderung der Arbeitssituation geführt. Ich habe nie eine Ausbildung in der Mitarbeiterführung bekommen. Für mich war das sehr anstrengend. Einen Berater konnte / wollte ich mir nicht leisten. Ich habe daher selbst sehr viel gearbeitet. Vieles habe ich selbst entwickelt und den Mitarbeitern dann fertig vorgestellt. Mitarbeiter haben das Unternehmen verlassen, neue sind hinzugekommen, die Verjüngung hat drei bis vier Jahre gedauert. Die Abteilungsleiter waren nicht so einfach auszutauschen.

Thorsten Klinkner: Wie sichern Sie das Vermögen in Nachfolgesituationen für Kunstsammlungen?

Dazu haben wir einen besonderen Zweig zur Betreuung von Kunstsammlungen eingerichtet. Kunst zu sammeln ist etwas sehr Egoistisches. Wenn jemand über viele Jahre die Werke eines Künstlers gesammelt hat, hat er damit seine Leidenschaft ausgelebt. Für ihn sind die Kunstwerke untrennbar mit Geschichten verbunden Die nächste Generation ist vielleicht nicht bereit diese Sammlung fortzuführen. Sie erbt die Kunstwerke, hat aber keinen Bezug zu den Geschichten.

Das Schönste was Sammler vererben können ist oft nicht die Sammlung selbst, sondern das Interesse an der Kunst. Die Sammlung muss dann evtl. aufgelöst werden, damit die Nachfolger ihre eigene Sammlung einrichten können.

Große Sammlungen stellen wir nicht nur mit einem Katalog vor, sondern auch über Editionen für die Familie. Darin kann die Biografie der Familie vorgestellt werden oder die Dokumentation wie die Sammlung entstanden ist. In solchen Broschüren bleibt die Sammlung erhalten.

Museen können einzelne Werke kaufen. Sie können aber nur die Spitze eines Künstlers darstellen und nicht die ganze Breite einer Sammlung. Für große Sammlungen ist das oft ein Problem. Falls sie vollständig übernommen werden, wird ein großer Teil des Exponate in den Lagerräumen des Museums verschwinden und für die Öffentlichkeit nicht mehr zur Verfügung stehen. Alternativ können große Sammlungen an verschiedene Empfänger gegeben werden.

Herzlichen Dank an alle Beteiligten für den einstündigen virtuellen Austausch im Online-Unternehmer-Talk. Dieser findet immer am ersten Freitag im Monat statt. Unternehmer berichten über Erfahrungen aus ihrem Nachfolgeprozess. Es sind immer lebendige Begegnungen mit interessanten Tipps und Anregungen. – Melden Sie sich schon jetzt an für den nächsten Online-Termin: Anmeldung nächster Online-Unternehmer-Talk

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